Notarielles Nachlassverzeichnis - der Notar als Detektiv?
Zur Berechnung des Pflichtteils ist Auskunft über den Nachlass vom Erben zu erteilen. Leider erfolgt dies häufig sehr lückenhaft. Der Pflichtteilsberechtigte kann die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen. In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16.06.2016-Az. 4 W 42/16- sind die Handlungspflichten eines Notars bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nun nochmals konkretisiert worden. Der Pflichtteilsberechtigte ist auf die Mitarbeiter des Notars angewiesen. Regelmäßig sind auch Auskünfte über das vormalige Vermögen des Verstorbenen und Schenkungen im Vorfeld des Erbfalls von Bedeutung. Das notarielle Nachlassverzeichnis bietet eine Möglichkeit, sich Auskunft zu verschaffen. Notare müssen zwar nicht wie Detektive vorgehen, gleichwohl haben erweiterte Ermittlungspflichten, wenn Anhaltspunkte für Vermögensverschiebungen vorliegen. Unvollständige Auskünfte bergen erhebliches Streitpotenzial.
In einer neueren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.04.2016-1BvA2423/14 bestätigte das Gericht einen so genannten „Handlungskatalog“. Darin sind die Pflichten eines Notars bei Aufstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses zusammengestellt. So kann es auch für den Notar erforderlich sein, Kontoauszüge in einem Zehn-Jahres-Zeitraum vor dem Tod durchzusehen, um bei Anhaltspunkten von Schenkungen an Dritte Hinweisen nachzugehen. Die Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts stärken die Rechte der Pflichtteilsberechtigten, denen sonst ein Zugang zur Auskunft häufig verwehrt bliebe.